Das Curriculum zur 

interdisziplinären Weiterbildung 

(Fassung vom 03.04.2002) 

 

Der ApPS bot Lehrerinnen und Lehrern aller Schularten, die nach neuen Wegen der Unterrichtsgestaltung suchen und ihrem Interesse nach Weiterbildung und Supervision eigenverantwortlich nachgehen wollen, eine dreijährige Ausbildung zum „Fall- und Teamsupervisor des ApPS e.V.“ an. 

In einem schulexternen Curriculum unterstützte der ApPS  alle Lehrer auf der Suche nach ihrer eigenen professionellen Identität und wendete sich auch an Psychologen und Psychoanalytiker, die sich im Bereich der Supervision der Schule qualifizieren wollten. 

Die Weiterbildungsangebote des ApPS orientierten sich an bewährten Konzeptualisierungen aus der Tradition der psychoanalytischen Pädagogik. Diese Konzepte wurden im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Psychoanalytikern im ApPS weiterentwickelt. Die psychoanalytischen Orientierungen sind dabei integraler Bestandteil einer pädagogischen Praxis und dienen der Vertiefung und Erweiterung der pädagogischen Wahrnehmungs-, Deutungs- und Handlungskompetenz im Arbeitsfeld Schule. 

 

Ziele des Curriculums 

 

Unterricht setzt eine weitgehend angstfreie und von lebendigen Kräften getragene Beziehung zwischen Lehrern und Schülern voraus. Für die Professionalisierung von Lehrern bedeutet dies eine verstärkte Berücksichtigung des emotionalen Erlebens, eine hohe Sensibilität für die Wechselbeziehungen zwischen dem Einzelnen und der Gruppe und nicht zuletzt ein Verständnis für unbewusste Prozesse in Schule und Unterricht. 

 

Ziele des Methodenerwerbs 

 

1. der kompetente Umgang mit Unterrichtsmethoden, die im Dienst einer Öffnung des Unterrichts auch zu unbewussten Prozessen stehen; 

2. die Fähigkeit, sich im Unterricht optimal zu situieren;
 

3. die Befähigung szenische Konstellationen im Unterricht wahrzunehmen und zu verstehen; 

4. die Bereitschaft, die eigene Gegenübertragung im Konfliktfall im Unterricht zu analysieren; 

5. die Fähigkeit bei der Verankerung der Lehrerrolle in didaktischen Entscheidungsfeldern die konkordanten Beziehungen zu den Schülern mit zu berücksichtigen; 

6. die Entwicklung einer didaktischen Gestaltungskompetenz im Unterricht durch Umgang mit Gestaltungsrahmen und Gestaltungsimpulsen. 

 

Methoden des Methodenerwerbs 

 

Das Verstehen dynamisch-unbewusster Prozesse im unterrichtlichen Beziehungsfeld erfordert insbesondere

1. die verstärkte methodisch kontrollierte Einbeziehung kreativer Momente, wie sie sich in der Arbeit mit Imaginationen und Träumen äußern;

 2. das Bewusstwerden von Gefühlen und die Sensibilisierung für das zwischenmenschliche Geschehen;
 
3. die methodische Vertiefung der pädagogischen Wahrnehmung und den reflektierten und flexiblen Umgang mit Wahrnehmungsurteilen;

 4. die Beachtung und Handhabung gruppendynamischer Prozessabläufe insbesondere unter Berücksichtigung der Abwehrmechanismen von Gruppen und der Widerstände gegen neue Erfahrungen;
 
5. das Verstehen des Einflusses systemischer Strukturen der Schule und der Schulkultur auf den Unterricht;

6. das Verständnis für die entwicklungspsychologisch bedingten Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen. 

 

Einzelnen Bausteine des Curriculum 

 

Modul A diente in dieser Sicht zunächst dem Erwerb von basalen Orientierungen, die eine psychoanalytisch-pädagogische Haltung anbahnen sollten. Es ging hierbei um die Weiterentwicklung und Vertiefung von Kompetenzen, über die Lehrer auch ohne methodische Anleitung zunächst oft schon verfügen, die sie aber im Setting der Fallbesprechung methodisch weiterentwickeln können in den Bereichen

 1. Empathie und pädagogische Wahrnehmung,

2. Teilhabe an Situationen und szenisches Verstehen und 

3. psychoanalytisch-pädagogische Deutungskompetenz. 

 

Modul B setzt diese Arbeit am psychoanalytisch-pädagogischen Habitus von Lehrerinnen und Lehrern fort und entfaltet diesen systematisch im Bereich der Methodenkompetenz. Die methodenzentrierte Fallbesprechung fokussiert für Zwecke des Methodenerwerbs fünf basale pädagogisch-didaktische Konstellationen, die allem Unterrichten zugrunde liegen und in denen sich methodische Vorgehensweisen im Rahmen einer psychoanalytischen Pädagogik der Schule analysieren und erproben lassen:
 
1. die Situation der Begegnung als Ursprungsort für Probleme und einer Öffnung des Unterrichts; 

2. die Situation der Schülerbeobachtung und -wahrnehmung unter Berücksichtigung subjektiver Urteilsbildung;

3. die Verstrickung in Konflikte mit einzelnen Schülern oder ganzen Klassen unter dem Gesichtspunkt der Gegenübertragungsreaktion der Lehrer; 

4. die Analyse des Unterrichts als Rahmen für Beziehungen und Lernprozesse im systemischen Umfeld der Schule; 

5. der Umgang mit Modulationen und einem imaginären Raum im Unterricht zur Erschließung ästhetischer Erfahrungsmöglichkeiten. 

 

Voraussetzung für die Teilnahme an Modul C waren die ordentliche Mitgliedschaft im ApPS e.V. und mindestens 100 Stunden analytische Selbsterfahrung in Form einer Einzelanalyse oder einer analytischen Gruppenselbsterfahrung. 

In einer Form der projektbezogenen Selbstqualifizierung und unter der Kontrolle einer im ApPS organisierten Lehrsupervision sollten sich das in Modul A und Modul B erworbene Reflexionswissen und die mit diesem assoziierten habituellen Einstellungen in einem unterrichtlichen Projekt praktisch bewähren. Das Ergebnis der prozessorientierten Praxisforschung wurde von den Teilnehmern in schriftlicher Form vorgelegt und abschließend in einem Colloquium zur Diskussion gestellt. 

Die gesamte, in der Regel dreijährige Weiterbildung, wird durch Seminare und Forumsveranstaltungen begleitet, an denen die Teilnehmer der Ausbildung mitwirken konnten.